Praxiserfahrungen im Studium sammeln – welche Wege gibt es?

Sicherlich sind einige Studiengänge praktischer Natur: Medizin- oder auch Chemiestudiengänge bieten einen recht großen Praxisanteil, der sich mindestens auf das Labor bezieht. Andere Studiengänge haben jedoch kaum mit dem echten Berufsleben auf den ersten Blick zu tun: Du kannst unheimlich wichtige Dinge zwischen Hörsaal, Bibliothek und deinem Zuhause lernen, doch die praktische Erfahrung würde dieses Wissen erst wahr werden lassen. Ein Beispiel: Als Architekturstudent kannst Du theoretisch alles in der Uni lernen. Doch die echte Gestaltung eines Hauses ist etwas, das sich besser vor Ort begreifen lässt. Somit ist es unheimlich wichtig, auch während des Studiums Praxiserfahrung zu sammeln. Etliche Studiengänge setzen diese sogar voraus, so werden Mediziner nie einen entsprechenden Abschluss erhalten, wenn sie nicht im Job gearbeitet haben. Aber wie findest Du persönlich die Erfahrung? Welche Möglichkeiten gibt es und welche Ansätze lohnen sich generell? Dieser Artikel gibt Dir einige Tipps.

Erste Schritte

Die Praxiserfahrung während des Studiums kann Dir auch die ersten Schritte im echten Arbeitsleben erleichtern. Studenten, die zwar top ausgebildet, aber absolut frisch von der Uni kommen, neigen häufig dazu, im Berufsleben Startschwierigkeiten zu haben. Machst Du Praktika während deines Studiums, bringst Du nicht nur diese ersten Schritte hinter Dich – Du sammelst auch Erfahrung. Und die kann wertvoll sein.

Karriereboost

Sammelst Du schon während des Studiums erste Praxiserfahrungen, hast Du potenziellen Wettbewerben um künftige Arbeitsplätze bereits etwas voraus. Dies gilt umso mehr, wenn Du Dir eine Betätigung suchst, die schon auf deinen künftigen Berufswunsch hinarbeitet.

Auf der anderen Seite kann Dir die Praxiserfahrung während des Studiums nicht nur ein gutes Arbeitszeugnis bescheren, Du kannst natürlich auch deinen Kontostand ein wenig aufbessern.

So findest Du einen Einstieg

Um Praxiserfahrungen zu sammeln, geht es gezielt darum, Jobs im entsprechenden Berufsfeld zu finden. Alle anderen Tätigkeiten zählen praktisch zu den Nebenjobs. Aber welche Möglichkeiten gibt es?

  • Unibörsen – oft werden an den Unis passende Jobs in Teilzeit, Vollzeit, für die Semesterferien oder auch im Nebenjob ausgeschrieben. Diese Jobs sind häufig sehr gefragt, doch ist die Konkurrenz ebenso groß, wie sie es auf Jobportalen ist.
  • Portale – Jobbörsen und Jobportale sind nicht nur sinnvoll, um entsprechend zu Netzwerken, sie bieten auch die Chance auf entsprechende Jobs, die wiederum Berufserfahrung während des Studiums versprechen. Wie groß der Konkurrenzdruck ist, hängt natürlich vom Berufsfeld und der Firma ab. Ein Beispiel: Jobs bei Porsche sind immer begehrt, selbst dann, wenn es sich um Praktika handelt. Jobs in einem kleinen Handwerksbetrieb hingegen fallen eher durch das Suchraster vieler.
  • Arbeitsamt – auch dieses kann bei entsprechenden Jobs helfen, die passende Praxiserfahrung bieten. Es lohnt sich zumindest, einmal einen Blick auf die dortigen Jobangebote zu werfen.
So findest du einen Einstieg

Grundsätzlich hängen die Suchmöglichkeiten stark vom jeweiligen Studiengang ab. Angehende Mediziner müssen ganz anders suchen als beispielsweise Studenten im sozialen Umfeld. Letztere können fast mühelos Praxiserfahrungen in Suchtberatungsstellen, Obdachlosenheimen oder bei der Bahnhofsmission sammeln.

Wenn Du einen Job suchst, zählt immer der erste eigene Eindruck. Dies beginnt bei der Bewerbung und endet mit dem Vorstellungsgespräch:

  • Bewerbung – selbst für den simpelsten Nebenjob in der Tankstelle solltest Du immer eine ordentliche Bewerbung Sie mag überzogen sein, doch letztendlich kannst Du nicht nur einen Job, sondern auch Feedback zu deiner Bewerbung erhalten. Am Ende ist die Bewerbung zu jederzeit auch als Wertschätzung zu sehen: Ein dahingekritzeltes Briefchen spricht davon, dass Du deinem Gegenüber einen nur geringen Wert zuschreibst.
  • Bewerbungsgespräch – bereite Dich darauf vor. Recherchiere, was dieses Unternehmen tatsächlich macht und was Du glaubst, in deinem Bereich machen zu dürfen. Beachte dabei, dass Du praktisch nur der Nebenjobber und nicht ausgelernt bist. Dein Mechatronikstudium wird für Dich bedeuten, dass der gelernte Mechatroniker das Sagen hat, nicht Du. Besuche die Homepage des Unternehmens, doch verzichte darauf, diese praktisch auswendig zu lernen. Eine Homepage ist nur eine Visitenkarte – im Bewerbungsgespräch wird jedoch von Dir erwartet, dass Du die Hintergründe verstehst. Das Herunterbeten der Informationen einer Homepage reicht nun nicht.
  • Auftreten – sicherlich sind nicht für jedes Vorstellungsgespräch der dreiteilige Anzug oder ein Kostüm notwendig. In einigen Fällen passt dies sogar gar nicht, denn gerade im sozialen Bereich wirkt ein Anzug gerne abschreckend. Der erste Eindruck ist keinesfalls zu unterschätzen und du solltest dir in jedem Fall vorab die Frage stellen: Was ziehe ich an? Im Jurabereich sind Anzüge und Kostüme gängig, auch in Verwaltungsebenen gehobener Unternehmen. In allen handwerklichen Bereichen, in denen Du definitiv mit anpacken musst, ist ein formal-legerer Look durchaus angebracht. Im sozialen Bereich kann, je nach Ausprägung, auch die Jeans samt gutem Shirt oder Oberteil ausreichend sein. Informiere Dich vorab.

Gehe niemals davon aus, dass Du als Student bezüglich deines ersten Eindrucks besondere Freiheiten genießt. Zwar ist ein Bewerbungsgespräch für einen Nebenjob vielleicht nicht ganz so entscheidend wie die Bewerbung auf den Traumjob, aber Du kannst dies als eine gute Übung für spätere Bewerbungen nutzen.

Tipp: Bist Du Dir absolut unsicher, kannst Du Dich versteckt vor der jeweiligen Firma postieren: Welche Kleidung tragen die Mitarbeiter? Setze für Dein Vorstellungsgespräch ein Level oberhalb an, dann bist Du relativ auf der sicheren Seite.

Nebenjob: Große Auswahl und adäquate Studienfinanzierung

Es gibt zwei Arten der Nebenjobs. Beide bieten Dir Erfahrungen in Berufen, doch nicht unbedingt die Erfahrung, die Du für Dein späteres Berufsleben benötigst. Dennoch sind auch die Erfahrungen aus den typischen Nebenjobs nicht kleinzureden, denn Frustrationstoleranz, Kundenumgang und Durchhaltevermögen lernst Du auch als Student im Supermarkt. Zudem sind die typischen Studentenjobs wohl eher dazu gedacht, Dir Dein Studium mitzufinanzieren. Es gibt aber auch fachbezogene Nebenjobs:

Nebenjob: Große Auswahl und adäquate Studienfinanzierung
  • Sozialer Bereich – die Liste ist endlos. Allein bei den Bahnhofsmissionen gibt es alle paar Wochen neue Praktikanten aus den Studiengängen, auch nebenberuflich arbeiten viele Studenten dort.
  • Büro – Studierst Du Jura oder Steuerrecht, ist es durchaus möglich, als Nebenjob bequem die notwendige praxisbezogene Erfahrung in einer Kanzlei zu sammeln.
  • Produktionsbetriebe – Die besten Geschäftsführer von produzierenden Unternehmen sind die, die vorher selbst in der Produktion gearbeitet haben. Je nach Studiengang kann ein Nebenjob in einer damit zusammenhängenden Produktion überaus sinnvoll sein. Du lernst Hintergründe und Abläufe kennen, siehst die Probleme des täglichen Arbeitens und sammelst wertvolle Erfahrungen, die Du später anwenden kannst. Ähnliches gilt auch für technische Studiengänge, denn dort kannst Du die Erfahrungen sammeln, die Du im Hörsaal nicht erhältst.

Duales Studium: Studium und Praxis in einem

Diese Option steht für viele Studiengänge zur Verfügung, doch hilft sie Dir nicht, wenn Du bereits Dein Studium begonnen hast. Duale Studiengänge basieren eigentlich auf der klassischen Berufsausbildung. Doch anstatt die Berufsschule zu besuchen, schließt Du einen Studiengang ab. Der Grundsatz ist:

  • Studium – das ist absolut berufsbezogen. Der Nachteil ist, dass das Studium auch häufig branchenbezogen ist. Du kannst ein duales Studium zum Manager im Einzelhandel machen, doch wird sich das, abhängig vom Betrieb, auf einen Discounter beziehen.
  • Praxis – meist wird bei diesen Studiengängen mit Blockunterricht gearbeitet. Du bist also für eine bestimmte Wochenzahl im Betrieb beschäftigt, schließt dann deinen ersten Studienblock ab, gehst wieder in den Betrieb usw. Im Regelfall durchläufst Du die unterschiedlichen Abteilungen.

Duale Studiengänge bietet stets eine Praxiserfahrung und können als erweiterte, da hochschulbasierte Ausbildung betrachtet werden. Ein wenig unterschiedlich von ihnen ist die Option des Werksstudenten. In deinen Semesterferien kannst Du Vollzeit als Werksstudent arbeiten, wobei diese Option nur dann echte Praxiserfahrung bietet, wenn Du ein passendes Studium absolvierst. Die Position als Werksstudent steht allerdings allen offen, da die Bezahlung teils sehr gut ist, sind die Stellen oft schnell vergeben.

Praktika: In vielen Bereichen äußerst hilfreich

In vielen Studiengängen musst Du verschiedene Praktika absolvieren, denn ohne sie bist Du gar nicht zur Prüfung zugelassen. Doch anders als bei dem typischen Schulpraktikum, musst Du während des Studiums passende Stellen finden. Es geht um:

  • Echte Praxiserfahrung – das Praktikum muss Deine Studienrichtung unterstützen. Als angehender Humanmediziner bringt Dir ein Praktikum im Tierheim somit recht wenig.
  • Anforderungen – da Praktikanten in den vergangenen Jahren von einigen Unternehmen gerne als praktische und günstige Arbeitshelfer genutzt wurden, gibt es mittlerweile Anforderungen an die Praktikumsstellen. Zugleich wird ungefähr festgelegt, welche Abschnitte im Praktikum erhalten sein müssen. Studierst Du Jura, ist es somit nicht mehr (zu deinem Glück) zulässig, dass die von Dir gewählte Praktikumskanzlei Dich den ganzen Tag lang Akten suchen lässt. Das Aktensuchen gehört zwar unweigerlich zu deinem Job, doch musst Du auch die Programme und Abläufe, wie auch Gerichtsgänge und Bearbeitungsschritte lernen.
Praktika: In vielen Bereichen äußerst hilfreich

Je nach Studiengang solltest Du Dich möglichst frühzeitig um einen Praktikumsplatz bewerben. Insbesondere in den medizinisch-chemischen Studiengängen sind die Plätze teils rar gesät, da der Betreuungsbedarf von Studenten natürlich recht hoch ist. Während ein BWL-Student notfalls auch einen halben Tag allein im Büro zurechtkommt, müssen Studenten in der Forschung natürlich ganz anders angelernt und betreut werden.

Erfahrungen sammeln im Ausland: Der Konkurrenz voraus

Wie sieht das eigentlich mit einem Auslandsjahr aus? Die erste Frage ist, ob es sich um eine Auszeit handelt, ein Jahr als Backpacker oder ob wirkliche praxisbezogene Berufserfahrung gesammelt werden soll. Ein Jahr als Backpacker wird durchaus als Berufserfahrung anerkannt, auch wenn diese nicht berufsspezifisch ist. In diesem Fall gilt einfach die Fähigkeit, sich im Ausland von Job zu Job zu bewegen und teils eine echte Weltreise durchzuführen, schon als Pluspunkt. Aber was gilt bei reinen berufsspezifischen Auslandsreisen?

Erfahrungen sammeln im Ausland
  • Anerkennung – Studierende müssen unbedingt darauf achten, dass die im Ausland gewählten Betriebe oder dortigen Anforderungen mit den Anforderungen in Deutschland zusammenpassen. Dies gilt insbesondere für Pflichtpraktika, die im Ausland absolviert werden. Nicht jeder Studiengang wird im Ausland anerkannt und nicht jedes Praktikum im Ausland gilt hier als genehmigungsfähig.
  • Wo finden? – praxisbezogene Auslandspraktika lassen sich teilweise mithilfe der Universität finden. Je nach Studiengang gibt es zudem vielseitige weitere Möglichkeiten. Wer beispielsweise Touristik studiert, der kann fast immer bei den üblichen Reiseveranstaltern anfragen.

Im Regelfall wird jedoch jede Auslandstätigkeit über einige Monate als positives Merkmal im Lebenslauf betrachtet. Wenn Du Dich in deinem Gap-Year für sechs Monate in einer spanischen Touristenhochburg als Hotelangestellter durchschlägst, so wird Dir das garantiert nicht negativ ausgelegt. Im Gegenteil: Du hast sechs Monate in der stressigen Touristik gearbeitet, hattest Kundenkontakt und hast zudem deinen Aufenthalt im Ausland bewältigt.

Ehrenamtliches Engagement: In vielen Fällen ein echter Pluspunkt

Wirklich konkret für ein Studium praktisch ist das Ehrenamt nur für den sozialen Bereich, beziehungsweise für Lehrberufe. Es sieht schlichtweg gut aus, wenn ein angehender Sozialarbeiter während des Studiums ehrenamtlich in der Obdachlosenhilfe tätig war oder bei der Betreuung von Kindern aus armen Verhältnissen geholfen hat. Trotzdem gilt:

  • Für alle sinnvoll – Ehrenamt sieht in der Vita immer gut aus. Es impliziert, dass Du auch ohne finanzielle Vorteile deinen Teil leistest und Dich für andere engagierst. Hier geht es also eher um die charakterliche Eben als um das nötige Fachwissen.
  • Abstufung – ein wenig problematisch kann, je nach Region, die ehrenamtliche Tätigkeit beim THW oder der Freiwilligen Feuerwehr gesehen werden. Nicht, weil Dir Dein Engagement abgesprochen wird, sondern, weil Du für potenzielle Arbeitgeber nicht vollständig zur Verfügung stehst. In beiden Fällen bist Du sogleich freigestellt, wenn ein Anruf der Zentrale kommt – Du musst praktisch alles stehen und liegen lassen. In Gebieten, wo es keine Berufsfeuerwehr oder dauerhafte THW-Angestellte gibt, ist das für die Arbeitgeber teilweise störend.

Generell ist das Ehrenamt jedoch jedem Studierenden zu empfehlen. Passt die Tätigkeit zum Beispiel zu Deinem künftigen Wunschberuf, ist das Ehrenamt teilweise zu einhundert Prozent als Praxiserfahrung anzuerkennen. Studierst Du beispielsweise auf Lehramt und gibst ehrenamtlich in einer Kinder- und Jugendstelle Nachhilfe in deinem Studienfach, so wird Dir das angerechnet. Dasselbe gilt für andere soziale Berufe. In den Bahnhofsmissionen sind teils 30 Prozent der Mitarbeiter der täglichen Schichten ehrenamtliche Studenten der Sozialstudiengänge. Auch Medizinstudenten finden sich in den Druckstationen oder in den mobilen Praxen der Ärzte und Tierärzte. Diese Tätigkeiten gelten wiederum als Ehrenamt, können aber auch als fachbezogene Praktika anerkannt werden.

Zusätzlich werden in den naturwissenschaftlichen Fächern Tutorien eingerichtet, die als Ergänzung zur Vorlesung dienen. Es handelt sich um ein meist freiwilliges Angebot, Studierende können dort Fragen zum Unterrichtsstoff oder den Übungsaufgaben stellen. Auch die gezielte Nachbereitung der Aufgaben und die ausführliche Besprechung der Lösungen gehören dazu.

Fazit – fachbezogenes Lernen ist wichtig

Selbst, wenn es nicht vorgeschrieben ist, ist es für Studierende sinnvoll, fachbezogene Berufserfahrung während des Studiums zu sammeln. Mitunter kann diese schon in den ersten zwei Semestern wichtig sein, denn wer im Beruf merkt, dass dieser gar nicht für einen geeignet ist, der hat nun noch Zeit, den Studiengang zu wechseln. Im weiteren Verlauf machen Praktika und fachbezogene Nebenjobs jedoch den Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Nicht selten verstehen Studierende durch die Praxisarbeit wesentlich eher, was von ihnen verlangt wird, da sie nun konkrete Arbeitsabläufe und Beispiele vor sich haben.

Auch die Auslandserfahrung und das Ehrenamt sind nicht zu unterschätzen. Bei anzuerkennenden Auslandsjahren ist allerdings der Betrieb von großer Bedeutung, denn Betrieb und Land müssen hierzulande anerkannt werden. Das Ehrenamt ist gerade in sozialen Studiengängen Gold wert, wertet aber auch andere Lebensläufe sinnvoll auf. Einzig mit den Freiwilligendiensten muss regional aufgepasst werden: Gibt es keine Berufsfeuerwehr mehr, so muss die Freiwillige Feuerwehr stets einspringen. Und dies geschieht bei Unfällen, Unwetter, Missgeschicken, teils Krankenfahrten und ganz zuletzt auch bei Bränden.

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